Gesprächstechnik: Zuhören und Wiederholen

Hörst Du mir überhaupt zu?
Hast Du irgendwas von dem verstanden, was ich gesagt habe und was mir wichtig ist?

An diesem Punkt eines Gespräches wäre es sinnvoller, etwas völlig anderes zu tun. Sich gegenseitig massieren vielleicht, oder spazieren gehen.

In einem mir wichtigen Gespräch wünsche ich mir vor allem, das der andere mein Anliegen hört. Dafür ist es hilfreich, wenn ich und mein Gegenüber uns in einer gemeinsamen Haltung begegnen, die uns genau darin unterstützt. Insbesondere dann, wenn es gerade schwierig ist. Die Gesprächstechnik „Zuhören und Wiederholen“ ist in solchen Situationen besonders geeignet. Sie ist einfach und erstaunlich wirkungsvoll. Knapp zusammen gefasst geht es so:

Ich sage dem anderen, was mich bewegt. Er hört ausschließlich zu und wenn ich fertig bin, wiederholt er mit seinen Worten was er gehört hat.

1. Die Einladung

Auch wenn mir mein Anliegen unter den Nägeln brennt, ist es wenig dienlich, wenn ich es dem anderen ungefragt unterbreite. Schwierige Themen stoßen leicht auf Ablehnung und Widerstand. Genau das Gegenteil von dem, was ich haben möchte. Ich lade den anderen also ein:

„Ich habe etwas, wovon ich Dir gerne berichten mag. Kannst Du es gerade hören?“

Antwortet mein Gegenüber mit „Nein“, kann ich fragen:

„Mir ist es ein großes Anliegen. Wann wäre für Dich ein geeigneter Zeitpunkt?“

Nimmt der andere meine Einladung erneut nicht an, kann ich es zu diesem Zeitpunkt vermutlich nur ohne ihn anschauen. Beispielsweise, indem ich aufschreibe, was sich in mir bewegt und forsche, was sich dahinter verbirgt. Oder indem ich einem Freund davon berichte. Vielleicht kann er in der Art zuhören, wie es hier beschrieben wird.

2. Die innere Haltung

Es ist wichtig, dass sich alle Beteiligten auf das Gespräch einlassen und die Bereitschaft haben, Nähe und Verbindung zuzulassen. Die innere Haltung für ein solches Gespräch für den Hörenden ist:

  • Ich höre, dass dich etwas schmerzt und das Du diesen Schmerz loslassen magst, um mir nahe sein zu können.
  • Ich weiß, dass es Dich Überwindung kostet mir davon zu berichten und ich schätze Deinen Mut Dich damit zu zeigen.
  • Das Du es tust zeigt mir, wie wichtig ich Dir bin und wie wichtig Dir unsere Beziehung ist. Dafür bin ich Dir sehr dankbar.
  • Ich höre dir mit so viel Liebe und Respekt zu, wie es mir möglich ist.

Und für den Sprechenden:

  • Ich spreche von mir und vermeide Du-Botschaften.
  • Ich bin so konkret wie möglich. (Was und wann ist es passiert? Was fühle ich? Was hätte ich gebraucht?)
  • Ich zeige mich mit allem was ist. (Und das könnte mehr sein, als mein Sicherheitssystem gut findet.)
  • Ich spreche so achtsam und respektvoll, wie es mir möglich ist und vermeide Vorwürfe, Rechtfertigungen und Erklärungen.
  • Ich achte und schätze Dich dafür, dass Du bereit bist, mir zuzuhören und mich zu sehen, wie ich bin.

Eine Möglichkeit könnte sein, diese Haltung vor dem Gespräch wie in einer Art Meditation sich gegenseitig vorzulesen. Vielleicht sogar mit einer Geste der Dankbarkeit, beispielsweise einer Verneigung oder einem liebevollen Blick. Es schafft Ruhe und lässt mich an meiner Liebe und Achtung für den anderen andocken.

3. Der Ablauf

Ich berichte, was ich sagen will. Die Trennung in Beobachtung, Gefühl und Bedürfnis aus der WSK ist dabei sehr hilfreich. Wenn es mir möglich ist, bin ich im Augenkontakt.

Mein Gegenüber hört nur zu. Wenn ich fertig bin, wiederholt der andere mit seinen Worten, was er Wesentliches gehört hat. Dabei vermeidet er Rechtfertigungen, Vorwürfe, eigene Geschichten und Interpretationen. Zu Beginn mag es komisch sein, das Gesagte zu wiederholen. „Ich bin doch nicht blöd. Ich habe gehört, was Du gesagt hast.“ Aber es ist meist sehr befreiend zu hören, dass das, was ich sagen wollte, wirklich gehört wurde.

Hat mein Gegenüber das Wesentliche stimmig wiedergegeben, bedanke ich mich. „Ja. Danke!“.
Fehlen mir wesentliche Dinge, ergänze ich und eventuell wiederholt mein Gegenüber diesen Teil noch einmal. (Oft wird genau der Teil vergessen, den mein Gegenüber nicht gut hören kann.)
Wurde es falsch wiedergegeben (z. B. durch eigene Interpretationen, oder eigene Geschichten), sage ich „Nein“ und wiederhole diesen Teil noch einmal. (Wobei es mir auf das Wesentliche ankommt und nicht darauf, dass jede Kleinigkeit exakt wiederholt wird.) Auch hier ist es hilfreich, wenn das Gegenüber noch einmal wiederholt bis ich „Ja. Danke!“ sagen kann.

4. Der Abschluss

Zum Abschluss hilft es, eine Beziehungsbitte zu äußern. Beispielsweise: „Wie geht es Dir mit dem, was ich gesagt habe?“. Ich achte darauf, dass auch hier die Haltung die Gleiche ist. Nur bin ich jetzt der Zuhörende.

Mit Begleitung

In Krisen und schwierigen Situationen kann es sehr hilfreich sein, sich in einem solchen Dialog begleiten zu lassen. Es kann ein Freund oder eine Gruppe von Menschen sein und keiner muss zwingend eine therapeutische Ausbildung haben. Wichtig für die Ausenstehenden ist, dass sie ebenfalls in der Haltung des Zuhörenden sind, sich nicht parteiisch einmischen und das sie weitgehend nur als Zeuge im Raum sind. Es ist eine große Ehre einem solchen Austausch beiwohnen zu dürfen! Daneben ist die Aufgabe der Zeugen, die beiden Klienten ggf. an die Haltung und die Vereinbarung zu erinnern. Wenn es paßt, kann am Ende jeder der Außenstehenden mitteilen, wie es ihm erging und was er wahrgenommen hat. Diesen Schritt empfehle ich allerdings nur mit Menschen zu machen, die im Umgang solcher Gruppen und Themen vertraut sind, denn schnell werden eigene Geschichten, Erklärungen, Lösungen oder anderes Kluges beigetragen, was zwar gut gemeint ist, aber meist nicht wirklich hilft.

Wenn Du den Wunsch hast, Dich auf diese Weise begleiten zu lassen, freue ich mich auf Deine Nachricht. Auch eine Paar-Begleitung mit einer Frau und mir ist jederzeit möglich.

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